Die Poesie der Baumwolle
Das beliebteste Material weltweit? Ist ohne Zweifel Baumwolle. Wenn es warm ist als leichte, atmungsaktive Stoffe, an kühleren Tagen in etwas schwereren Qualitäten und oft weich angeraut. Aber was genau tragen wir da eigentlich so gerne? Warum schwärmen die Pflücker in Peru von der Baumwolle als „seidig weich wie Engelshaar“? Und wie unterscheiden sich die verschiedenen Baumwoll-Sorten?
Eine echte „Weltenpflanze“
Die Baumwollpflanzen (Gossypium) oder Baumwolle ist eine Pflanzengattung innerhalb der Familie der Malvengewächse. Es gibt bis zu 51 Arten in den Tropen und Subtropen. Baumwolle ist eine sehr alte Kulturpflanze – die ersten Funde lassen sich auf ca. 6000 vor Chr. datieren.
Ungewöhnlich ist, dass mindestens vier Völker unabhängig voneinander diese Pflanzengattung domestizierten. Zweimal geschah dies in der Neuen Welt mit den Arten Gossypium hirsutum und Gossypium barbadense und in der Alten Welt je einmal in Asien (Gossypium arboreum) und Afrika (Gossypium herbaceum). Eine echte Weltenbürgerin also, die Baumwolle.
Watteweiche Bällchen
Von der Aussaat bis zur Reife vergehen rund 200 Tage, die mittelgroßen Pflanzen sind mehrjährig, frostempfindlich, benötigen viel Sonne, eine hohe Luftfeuchtigkeit und reichlich Niederschlag. Deshalb befinden sich die Anbaugebiete in tropischen und subtropischen Ländern.
Aus den Blüten der Baumwollpflanze entwickeln sich walnussgroße Kapseln, die zur Reifezeit aufspringen. Die darin enthaltenen Samenkörner sind mit unendlich vielen feinen Härchen bewachsen. Aus diesen watteweichen Fasern werden in der Spinnerei die feinen Baumwoll-Garne hergestellt.
Wichtig: die Faserlänge
Man unterscheidet die Baumwolle primär nach ihrer Stapellänge (Faserlänge). Die beste Qualität (extra-lang ‘Stapel’ (ELS) Baumwollfasern) liefert mit einer Stapellänge von über 32-50 Millimetern Gossypium barbadense. Es folgen mit einer Stapellänge von 25 bis 30 Millimetern Gossypium hirsutum (sog. Upland-Baumwolle), die am meisten verbreitete Baumwollsorte. Gossypium arboreum und Gossypium herbaceum liefern kurze, grobe Fasern (< 25 mm).
Gossypium barbadense wurde speziell aufgrund ihrer extra langen Fasern gezüchtet und kultiviert. Gebräuchliche Handelsnamen sind Ägyptische Baumwolle (Giza), peruanische Pima-Baumwolle, amerikanische SUPIMA®- und Sea-Island-Baumwolle. Extra-lang ‘Stapel’ (ELS)-Baumwollfasern sind aber nicht nur länger, sondern auch sehr robust – ideale Basis für weiche, langlebige Stoffe. Allerdings: Der Anteil der ELS-Baumwollarten an der weltweiten Baumwollernte beträgt nur etwa 3%.
Wie sich die Baumwoll-Sorten voneinander unterscheiden und wie der weiße Baumwollbausch begeistert...„
Seidig weich wie Engelshaar“, die „Queen unter den Naturfasern“ – das fluffige, weiße Baumwollbäuschchen begeistert alle, die Pflücker, die Verarbeiter und die Träger der feinen Baumwollstoffe.
„Seidig weich wie Engelshaar“ – Pima-Cotton aus Peru
Pima – als Teil der Extralangstapel-Familie – gilt als eine der edelsten Baumwollsorten. Pima wird heutzutage hauptsächlich in den USA, Australien, Peru und Israel angebaut. Und gerade aus Peru kommt eine der besten Baumwollsorten. In der Gegend von Piura, zwischen den Anden und dem Pazifischen Ozean, wo Baumwolle schon seit über 4.600 Jahren angebaut wird, scheint die Sonne verlässlich und trotz Temperaturen um die 30° Grad ist ausreichend Wasser vorhanden. So gedeihen die gelb blühenden Sträucher hervorragend und produzieren Fasern von 38 bis 41 mm Länge. Um das kostbare Rohmaterial zu schützen, werden nur die reifesten, weißesten Samenkapseln dreimal im Jahr von Hand gepflückt, sorgfältig gekämmt und zu feinsten Garnen versponnen. Und die Pflücker sind stolz auf ihre Baumwolle – liebevoll sagen sie: »suave como el pelo de un ángel« – seidig weich wie Engelshaar. Pima-Cotton besitzt einen ganz eigenen matt-edlen Glanz, daher wird er auch gerne »Seide Südamerikas« genannt. Wegen des begrenzten Anbaugebiets ist Pima-Cotton eine echte Rarität.
Made in USA: SUPIMA®
SUPIMA® Baumwolle wird streng kontrolliert in den USA angebaut, ausschließlich in Texas und Kalifornien. SUPIMA® ist ein eingetragenes Warenzeichen für Produkte, die aus 100% amerikanischer Pima-Baumwolle bestehen; der Name setzt sich zusammen aus „Superior Pima“. Weniger als 1% der gesamten Pima Ernte darf sich SUPIMA® nennen. Ihre langen Fasern können eng gesponnen werden, das ergibt feineres Garn und haltbare Stoffe. Durch die Faserdichte nehmen SUPIMA®-Stoffe Farbe einheitlicher an; das Ergebnis sind satte, leuchtende Farben.
Die Königin: Sea-Island-Baumwolle
Im 18. Jahrhundert wurde sie erstmals in den Südstaaten der USA angebaut: in South Carolina, Georgia und den Inseln entlang der Küste – den Sea Islands. Unter den dort herrschenden Klimaverhältnissen erbrachte die Baumwolle eine Qualität, wie man sie sonst nirgends kannte: extrem weiß und mit einer außergewöhnlichen Faserlänge von mindestens 36 mm. Man nannte sie die „Queen unter den Baumwollsorten“. Noch heute wird Sea Island-Cotton von Hand gepflückt. Diese handverlesene Baumwolle ist von Natur herrlich weiß, fein und weich. Authentischer Sea-Island-Cotton ist mit 0,004% der weltweiten Baumwollproduktion eine der seltensten kommerziellen Baumwollsorten auf dem Planeten. Übrigens: Die beste Sea-Island-Baumwolle soll auf Barbados wachsen.
Ägyptische Baumwolle – berühmt als Giza oder Mako-Baumwolle
Der Baumwollanbau in Ägypten ist nicht ganz so alt, wie man allgemein glaubt. Erst Mitte des 19. Jhd. wurde damit begonnen. Ägyptische ELS-Baumwolle basiert auf der gleichen Baumwollsorte wie Pima oder Sea Island. Giza 45 und Giza 70 sind echte ELS Sorten, die mit einem luxuriösen Gefühl auf der Haut begeistern.
Ägyptische Baumwolle wird vor allem im warmen trockenen Klima des Nildeltas angebaut. Von Hand gepflückt, gewährleistet sie ein Höchstmaß an Reinheit und intakte Fasern. Obwohl sie weltweit einen guten Ruf genießt, macht ägyptische Baumwolle nur 0,5% der weltweiten Baumwoll-Produktion aus. So bleibt ihr Luxus-Status erhalten.
Brot-und-Butter-Baumwolle
Hochland- oder Bergbaumwolle macht über 80% der Weltproduktion aus. Gossypium hirsutum wird weltweit angebaut, von Indien, USA, Brasilien, China, Australien, Türkei, Tadschikistan bis Kirgisistan. Ihre Fasern zwischen 20-30 mm lang. Die Pflanze wird zwischen 1,5 m und 2 m hoch, ihre Blüten sind weiß bis gelblich und erröten im Welken.
Auf Platz 2 liegt asiatische Kurzstapel-Baumwolle (Gossypium herbaceum) mit 10% Marktanteil. Sie stammt ursprünglich aus Südwestasien und wird heute hauptsächlich in China, Indien und Pakistan angebaut. Ihre Fasern sind kurz und grob und die Qualität gilt daher als niedrig. Die Blütenblätter der 1,5 m hohen Pflanze sind gelblich und haben meist einen rötlichen Fleck am Kern.
Ist Bio-Baumwolle besser?
Organische oder auch Bio-Baumwolle zeichnet sich durch ihre ökologische Anbauweise aus, d.h. es handelt sich nicht um eine unterschiedliche Baumwollsorte. Beim Bio-Baumwollanbau werden Pflanzen jedoch nicht gentechnisch verändert und bei ihrer Ernte werden nur natürliche Methoden eingesetzt. Theoretisch kann man davon ausgehen, dass die meisten Baumwollsorten auch biologisch kultiviert werden könnten. Bio Cotton-Baumwolle wird handgepflückt und weitestgehend naturbelassen und umweltgerecht verarbeitet. Deshalb ist sie besonders hautverträglich und auch für Allergiker geeignet.
Was Baumwolle so besonders macht – und dass sie auch eine dunkle Seite hat…
Wissen Sie, warum sich die Naturfaser so wunderbar angenehm trägt? Und dass das weiße, so unschuldig aussehende Baumwollbäuschchen auch eine dunkle Seite hat?
Treuer Begleiter bei jedem Klima
Baumwolle ist sehr saugfähig und kann bis zu 65% des Gewichtes an Wasser aufnehmen. Das liegt an der speziellen Struktur der Baumwollfasern: Die einzelnen Zellulose-Schichten sind aus Fibrillenbündeln (Fibrille = feines Fäserchen) gebildet. Die gitterartig übereinander angeordnete Fibrillenstruktur und der hohle Faserkern bewirken die hohe Wasseraufnahmefähigkeit der Baumwolle. Feuchtigkeit (z. B. beim Schwitzen) wird aufgesaugt, gespeichert und beim Waschen wieder herausgespült. Das erklärt die angenehmen, hygienischen Eigenschaften und das gute Gefühl, das auch Klima-Extreme für die Haut erträglich macht.
Die kann was, die Baumwollfaser
Baumwollstoffe gelten als sehr hautfreundlich (sie „kratzen“ nicht) und haben ein äußerst geringes Allergiepotential. Baumwolle hat eine hohe Reißfestigkeit, daher ist sie sehr strapazierfähig; im nassen Zustand ist die Reißfestigkeit sogar noch größer.
Baumwolle hat ein geringes Wärmerückhaltevermögen. Durch besonders weich gedrehte Garne oder durch Rauen wird die Wärmehaltung erhöht, so dass Baumwolle in jeder Saison vielseitig eingesetzt werden kann. Baumwolle ist kochfest und verträgt hohe Bügeltemperaturen. Und sie ist kaum elektrostatisch, d. h. sie lädt sich nicht auf, klebt nicht an der Haut und ist auf natürliche Weise atmungsaktiv.
Die dunkle Seite: giftig & explosiv
- Die Samen enthalten bis zu 1,5% des giftigen Phenols Gossypol.
- In Form von Nitrocellulose dient Baumwolle zur Herstellung von Munition und Sprengstoff.
- Baumwollsamenöl fällt als ein Nebenprodukt der Baumwollproduktion an und kann im raffinierten Zustand als Speiseöl oder Brennstoff genutzt werden. Es ist aber auch ein Grundstoff in der kosmetischen Industrie.
- Bei den Olmeken, einer mesoamerikanischen Kultur, gab es sogar einen Baumwollgott.
Fazit:
Baumwolle braucht viel Wasser und viel Pflege. Daher macht es durchaus Sinn, auf eine richtig gute Baumwoll-Qualität zu achten, auch wenn der Preis vielleicht etwas höher ist. So halten dann aber T-Shirt, Hemd, Bluse oder die Jeans auch lange und machen Ihnen viele Saisons lang Freude.